Die Ludwig-Erhard-Stiftung hat mich gebeten, die Dankesschulden aufzulisten, an die die Öffentlichkeit aus Anlass des 85. Geburtstages von Dr. Herbert B. Schmidt erinnert werden sollte. Die Stiftung meint, dass der Schwerpunkt dabei auf die Zeit nach 1989 gelegt werden sollte. Hier seien der Öffentlichkeit zwar die Verdienste in groben Zügen bekannt, die sich Dr. Schmidt vor allem als Chefkonsultant der Estnischen Privatisierungsbehörde in Tallin erworben hat, wo er im Auftrag der von der Treuhandanstalt gegründeten und beaufsichtigten „Treuhand Osteuropaberatung GmbH (TOB)“ von 1992 bis 1996 die Privatisierung der Wirtschaft durchführte und damit die Grundlagen für den Aufbau einer Marktwirtschaft und den fulminanten Aufstieg der estnischen Wirtschaft zur Weltgeltung gelegt hat. Nicht genügend bekannt sei aber, dass und inwiefern sich Dr. Schmidt in diesem Amt, aber auch bei anderen Gelegenheiten auf Ludwig Erhard bezogen habe. Darüber Genaueres zu erfahren, wäre sehr interessant.

Interessant wäre allerdings auch, etwas darüber zu erfahren, wie und warum Dr. Schmidt von vielen Erhard-Freunden als gestrenger Hüter des geistigen Erbes von Erhard angesehen wird. Selbst Bundesminister rühmen Herbert B. Schmidt in dieser Weise – oft sogar regelmäßig, wenn sie an der Erhard-Büste vorbeigehen, die Dr. Schmidt dem Bundesministerium für Wirtschaft als Dauerleihgabe anvertraut hat (Foto). Und in einem jüngst erschienenen Erhard-Buch wird Dr. Schmidt neben keinem anderen als zuverlässiger Informant und Interpret von Erhards wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Überzeugungen genannt.

Ich will versuchen, einige dieser Fragen zu klären; muss aber darauf hinweisen, dass es ungewöhnlich schwierig ist, über das Wirken von Herbert B. Schmidt überhaupt etwas zu berichten, denn er hat überall, wo er tätig war, im Hintergrund gewirkt und nur wenige Spuren hinterlassen. Zum Wirken von Dr. Schmidt existieren zwar zahlreiche Anekdoten und vielerlei vage Vermutungen, aber nur wenige Indizien, die sich zu belastungsfähigen Schlüssen zusammenfügen lassen.

Prinzipientreue, die nicht geschätzt wurde

Ein Problem bei einer Würdigung von Dr. Schmidt ist überdies, dass das Überlieferte sein Wirken – teils gewollt, teils ungewollt – stark verzerrt. Das ist besonders bei seinem Einsatz für den Aufbau der Marktwirtschaft in der absterbenden DDR sichtbar geworden. Schmidt war dort 1989/90 vor allem mit Rat tätig. Und seltsamerweise wird über seine An- und Absichten, die keine Taten wurden, mehr und ausführlicher berichtet als über alles, was er im letzten Vierteljahrhundert getan hat:1Vgl. hierzu vor allem den ca. 1.200 Seiten umfassenden Band von Michael Richter, Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution, Föderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Göttingen 2004. Akribisch werden die Anfeindungen und Intrigen geschildert, denen Schmidt ausgesetzt war. Ausführlich wird über Diskussionen und Machtkämpfe berichtet, die Schmidt mit DDR-Bürgern, aber auch mit westdeutschen Politikern und Politikberatern geführt hat. Kleinlich werden die Bedenken dokumentiert und rechtfertigt, die gegen seine Ratschläge vorgetragen wurden. Historisch und psychologisch mag das amüsant sein; bemerkenswert oder lehrreich ist es keineswegs. Der Leser kann bestenfalls die geradezu leidenschaftliche Glaubensstärke bewundern, die Dr. Schmidt bewogen hat, sich von der DDR abzuwenden bzw. sich aus dem Projekt „Aufbau Ost“ auszuklinken und sich 1992 in Estland noch einmal mit der Auflösung sozialistischer Macht- und Wirtschaftsstrukturen zu beschäftigen.

In Estland, wo Dr. Schmidt nicht nur Rat gebend, sondern praktisch tätig wurde, ist es ihm offensichtlich schnell gelungen, die Betroffenen zu überzeugen, dass sein Weg zur Marktwirtschaft gut, ja: der einzig richtige ist, denn nach Beginn seiner Tätigkeit wurden kaum noch irgendwelche Alternativen zu seiner Art der Privatisierung erörtert. Dr. Schmidt scheint hier – wie gesagt: mit seiner praktischen Tätigkeit – bewirkt zu haben, dass die übernommene Aufgabe zügig und nachhaltig gelöst wurde, sodass es überflüssig wurde, ihr sonderliche Aufmerksamkeit zu schenken.

Dem widerspricht nicht die Entdeckung, die ein sensibler Gesellschafts- und Kulturhistoriker, Jasper von Altenbockum, kürzlich gemacht hat. Von Altenbockum hat entdeckt, dass in den Lehrplänen einiger US-amerikanischer Universitäten Schmidts Vorgehensweise in Estland als „Schmidtology“ verzeichnet ist.2Vgl. Jasper von Altenbockum, Schmidt und die Revolution, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. September 2015 (und Seiten 29 ff. dieser Festgabe). – Aber: Was bedeutet es schon, wenn ein Wort sich zur rechten Zeit einstellt? Schmidt selbst hat schon in einer seiner Frühschriften3Herbert B. Schmidt, Die Fall-Methode (Case Study Method). Eine einführende Darstellung, Essen 1958. In dieser Broschüre, die während eines einjährigen postgraduierten Studiums in den USA entstanden ist, hat Schmidt die Methoden untersucht, mit denen sich “analytisch Durchdachtes in konkreten Situationen” überzeugend vermitteln lässt. Er hat dabei nicht nur die Substitution von Erklärungen durch plumpe Wortschöpfungen kritisiert, sondern auch die objektiven Möglichkeiten und die Grenzen politischer Überzeugungsarbeit untersucht und spezielle Probleme erörtert, die beim Versuch, Sachverhalte zu erläutern, in unterschiedlichen kulturellen Kontexten auftreten können. die Neigung mancher Wissenschaftler kritisiert, statt der Erklärung komplexer, schwer zu beschreibender Sachverhalte leicht memorable Bezeichnungen zu setzen, sie als neueste Mode herumzutragen und damit sinnhafte Erläuterungen zu vermeiden, denn: Welchen Sinn kann es haben, Moden erklären zu wollen?

Gestalten statt Funktionärspflichten erfüllen!

Offensichtlich war die Aufgabe der Privatisierung, die Schmidt in Estland gestellt wurde, leichter zu lösen als die in der DDR, weil Schmidt in Estland ein exklusives Arbeitsgebiet überlassen wurde. Er musste sich nicht gegen die Konkurrenz besserwisserischer, karrieresüchtiger und intriganter Aufbauberater und Politiker durchsetzen. Statt dem Kleinkrieg, der in der DDR zu führen war, konnte Schmidt den Weg weisen, der Estland zur Marktwirtschaft führen sollte.

In Estland war dieser Weg 1992 noch nicht ideologisch markiert, legislativ vorgeplant und bürokratisch kartographiert worden wie in Deutschland. In Estland gehörte es zur Aufgabe von Schmidt, das Ziel, die Marktwirtschaft, präzis zu umreißen und den Weg zu ihr zu weisen, also zu tun, was ihm in der DDR verwehrt worden war, denn in Deutschland war ihm lediglich die Funktion eines Kurators zugedacht worden. Er sollte die Mittel, die zum Aufbau einer Sozialen Marktwirtschaft angeblich unverzichtbar nötig sind und die im Rahmen einer gesamtdeutschen Solidarität bereitgestellt werden sollten, herbeischaffen und den kameralistischen Vorschriften gemäß abrechnen, das heißt: Er sollte die erforderlichen staatlichen Transferzahlungen und Subventionen exakt beziffern, Wünsche und Forderungen überzeugend begründen, Genehmigungen einholen, Ablehnungen widersprechen und die endlich einfließenden Gelder plangerecht verteilen.

Es hat sich schnell erwiesen, dass Dr. Schmidt in diesem System der deutschen marktwirtschaftlichen Planung weder östlich noch westlich von Werra und Elbe reüssieren kann: Der einen Seite schienen Schmidts Forderung widersinnig, die überkommenen sozialistischen Verwaltungsstrukturen abzubrechen, denn: Wie sollte eine Marktwirtschaft in Gang kommen, wenn die Kader entlassen werden, die den Gang der Wirtschaft regulieren können? Es schien unvorstellbar, Schmidt zu gestatten, die „Anarchie des Marktes“ einzuführen, vor der man sich in der DDR vierzig Jahre lang „wohlweislich gehütet“ hatte. Der anderen Seite waren Schmidts Vorstellungen von einer Marktwirtschaft suspekt, in der der Staat in erster Linie Freiräume für die private Initiative zu schaffen hat und sich nicht als Initiator, Financier oder Träger von bedeutsamen Aufbauwerken aufspielen kann.

Dass es zur damaligen Zeit in Westdeutschland besonders schwer war, die Erhard′sche Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft zu vertreten, ist ein Sachverhalt, der heute kaum glaubhaft erscheint. Aber er ist wahr, und er wurde – wie es bei unangenehmen Wahrheiten häufig geschieht – lediglich vergessen bzw. verdrängt. Tatsache ist: 1990 existierte Erhards Soziale Marktwirtschaft in Deutschland schon seit einem Vierteljahrhundert nur noch in der Erinnerung einiger historisch Interessierter, denn sie war 1967, unmittelbar nach Erhards Rücktritt als Bundeskanzler, durch eine „Neue Wirtschaftspolitik“ ersetzt worden, nämlich durch globale Wirtschaftssteuerung, staatliche Wachstums- und Beschäftigungspolitik sowie eine „Konzertierte Aktion“ von Staat und einflussreichen Wirtschafts- und Sozialverbänden. In den neuen Bundesländern wurde 1990 zwar das Versprechen plakatiert: „Ludwig Erhards Soziale Marktwirtschaft kommt!“ Aber ein Blick in den „Einigungsvertrag“ – den „Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990“ – hätte zeigen können, dass das nur ein Werbespot war, denn was im „Einigungsvertrag“ als die kommende Soziale Marktwirtschaft definiert wurde, war die 1967 im „Gesetz zur Sicherung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ beschlossene korporative Wirtschaftssteuerung.

Erhard hatte das „Wachstumsgesetz“ als Totenschein seiner Sozialen Marktwirtschaft bezeichnet, und im Bundesministerium für Wirtschaft wurde das keineswegs zurückgewiesen, sondern akzeptiert. Man hatte Erhard lediglich achselzuckend erwidert: „Wir können nicht zurück zu Opas Marktwirtschaft. Opas Marktwirtschaft ist tot.“4Vgl. Otto Schlecht, Erfahrungen und Lehren aus dem jüngsten Konjunkturzyklus, Tübingen 1972, Seite 66.

Wie schon gesagt: In Estland kam Dr. Schmidt auf dem von ihm gewählten Weg zur Marktwirtschaft – wie noch zu zeigen ist: auf dem Weg zu einer Sozialen Marktwirtschaft im ursprünglichen, Erhard′schen Verständnis – gut und schnell voran. Natürlich ist auch hier anzumerken: Es ist das Unglück aller Erfolgreichen und Tüchtigen, dass ihre Arbeit sich zwar in allerlei Lob über die erzielten Ergebnisse im Allgemeinen und über besonders Rühmenswertes im Einzelnen niederschlägt, aber kaum jemand Hinweise zu geben vermag, wie die erzielten Erfolge erreicht wurden. Immer bleiben die Fragen nach den konkreten Ursachen der Erfolge offen: War Zufall im Spiel? Waren besonders günstige Umstände maßgebend? War alles nur ein einmaliges „Wirtschaftswunder“? Oder war – wie im vorliegenden Fall – wirklich Herbert B. Schmidt ausschlaggebend?

Der Schmidt/Erhard′sche Weg zur Sozialen Marktwirtschaft

Jüri Arraks Gemälde „Zerfall des Monstrums“ symbolisiert recht treffend die Schwierigkeit, Erfolge sachgerecht zuzuordnen. Arrak hat sein Gemälde, das den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Estnischen Volksrepublik – den Untergang der roten Dämonen – illustriert, Ende der 1990er Jahre um eine Figur ergänzt, die im Zentrum des abgebildeten Geschehens sitzt. Herbert B. Schmidt ist diese zentral platzierte, etwas winzig geratene Figur. Kaum ein Betrachter wird an ihr die Züge von Dr. Schmidt erkennen, und kaum einer wird spüren, wie verantwortungsvoll, bedeutsam und heikel die Aufgabe war, die Dr. Schmidt mit seinem vorsintflutlichen mechanischen Registrator beim marktwirtschaftlichen Umbau der estnischen Wirtschaft gelöst hat.

Wie hätte Jüri Arrak das positive Wirken von Dr. Schmidt in Estland auch bildlich erfassen können? Es wird ja erst vor dem Hintergrund als Negation der Negation sichtbar, die Schmidt in der absterbenden DDR erlebt hat: Es ist der kurze Auftritt in Sachsen, der zeigt, dass Schmidt das deutsche Projekt „Aufbau Ost“ als verfehlten Lösungsversuch ansah, weil bei ihm die Grundsätze aufgegeben werden, die in einer Marktwirtschaft unverzichtbar wichtig sind. Er zog sich lieber aus dem Gebiet zurück, dessen Aufbau ihm sehr am Herzen lag, und ließ sich schmähen, als sich in ein fragwürdiges Konzept einbinden zu lassen.

Worin bestanden nun aber die Grundsätze, die Dr. Schmidt wichtig waren? – Für eine mit Subventionen und Zuschüssen aufzubauende und mit Subventionen und Zuschüssen lebensfähig zu haltende Wirtschaftsordnung wollte er sich nicht einsetzen. Das war in seinen Augen keine Marktwirtschaft. Die Privatisierung der estnischen Wirtschaft hat er hingegen engagiert betrieben. Hier ging es nach seiner Meinung um den Aufbau von privatwirtschaftlichen Strukturen, die sich zu einer sich selbst tragenden, von Subventionen und staatlichen Regulierungen und Kontrollen unabhängigen Marktwirtschaft zusammenfügen.

Und wie war Schmidt zu dieser Überzeugung gekommen, die fraglos in großer Nähe zum Denken und Handeln von Ludwig Erhard steht? – Die Antwort ist: Schmidt hatte sich mit Erhards Politik und ihren wissenschaftlichen Grundlagen vor allem während seiner Tätigkeit in den 1960er Jahren in Bonn befasst. Dass er das intensiv tat, zeigt schon ein Blick in Schmidts prall gefüllte Bücherregale. In ihnen stehen neben 21 Werken von Werner Sombart zahlreiche Monographien und Abhandlungen, die von Sombarts Schriften angeregt wurden oder die sich mit Sombart auseinandersetzen. Sombart gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den einflussreichsten Lehrern der historischen Schule der Nationalökonomie,5Beispielsweise wurde die erste Auflage von Werner Sombarts “Der moderne Kapitalismus” (1902) etwa fünfzigmal von namhaften Autoren besprochen. Überdies hat diese Veröffentlichung rund zwanzig Monographien veranlasst. Die zweite Auflage, 1916 und 1927 erschienen, hat mehr als 110 Rezensionen und fast einhundert Monographien provoziert, die sich mit Sombarts Darstellung auseinandersetzen. Vgl. Bernhard vom Brocke (Hg.), Sombarts “Moderner Kapitalismus”: Materialien zur Kritik und Rezeption, München 1987, Seiten 456 ff. zu den sogenannten „Kathedersozialisten“, also zum Kreis derer, die Erhards Denken entscheidend geprägt haben.

„HBS“: Erhards wirtschaftspolitisches Sprachrohr?6Diese Charakterisierung wurde aus der Dokumentation des Wirtschaftsrates: “50 Jahre Wirtschaftsrat Deutschland”, Berlin 2013, Seite 18, übernommen.

Mit den Grundlagen von Erhards politischem Denken vertraut, war Herbert B. Schmidt von 1963 bis 1970 als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates der CDU e.V. in Bonn tätig. Zu vermerken ist dabei, dass der „Wirtschaftsrat der CDU“ ein selbständiger, eingetragener Verein und keine Vereinigung der CDU ist. Die Aufgaben, die Schmidt als Geschäftsführer des Wirtschaftsrats zu erfüllen hatte, waren ihm folglich nicht durch Parteistatuten vorgegeben. Er hatte sie sich vielmehr selbst gesetzt und zusammen mit acht politisch hoch sensiblen Personen formuliert, die heute als die Gründungsmitglieder des Wirtschaftsrates bezeichnet werden.7Die Gründungsmitglieder des Wirtschaftsrates waren Konrad Adenauer jun., Alexander Elbrächter, Franz Etzel, Alphons Horten, Albrecht Pickert, Josef Rust, Klaus Heinrich Scheufelen und Kurt Schmücker. Ludwig Erhard war an der Gründung des Wirtschaftsrates nicht beteiligt. Er hatte sie jedoch ausdrücklich befürwortet.

Maßgebend für die Bestimmung der Aufgaben und Ziele des Wirtschaftsrates waren neben Schmidt vor allem Franz Etzel, Alphons Horten, Josef Rust und Klaus Heinrich Scheufelen. Ihr Satzungsentwurf wurde in Anwesenheit von führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft und des wirtschaftspolitischen Flügels der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf der konstituierenden Mitgliederversammlung des Wirtschaftsrates am 9. Dezember 1963 in Bonn angenommen. Die Versammlung wählte anschließend einen fast dreißigköpfigen Gesamtvorstand, der auf seiner ersten Sitzung am 23. Januar 1964 Klaus Heinrich Scheufelen zum Vorsitzenden und Alphons Horten und Josef Rust zum ersten und zweiten Stellvertreter bestimmt hat.

Aus Sicht der Gründer des Wirtschaftsrates der CDU e.V. gab es 1963 zwei akute Anlässe, einen der CDU nahestehenden, auf die Partei einwirkenden, aber unabhängig von ihr agierenden Wirtschaftsverband einzurichten:

  • Zum einen war innerhalb der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), den sogenannten „Sozialausschüssen der CDU“, seit geraumer Zeit die Neigung spürbar, sich von Erhards Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft zu distanzieren. Die CDA wollte nicht allein auf „Wohlstand für alle“ durch Sicherung von Vollbeschäftigung und hohe reale Lohnzuwächse vertrauen, wie es mit Erhards Politik angestrebt und zügig verwirklicht wurde. Die CDA wollte aktiver, selbstbewusster und eigenständiger auftreten und sich insbesondere dafür einsetzen, dass der Staat soziale Leistungen in beträchtlichem Umfang aus der Umverteilung von Einkommen und Vermögen finanziert. Der nach dem Tod von Johannes Albers 1963 neu gewählte Vorsitzende der CDA, Hans Katzer, hatte diesbezüglich in beunruhigender Weise „eine stärkere Beteiligung der Sozialausschüsse am politischen Leben der Union“ angekündigt.8Vgl. Soziale Ordnung. Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit, Band XVII/1963, Heft 8/9. – Alle politisch Interessierten wussten, was mit dieser verschlüsselten Botschaft gemeint war.
  • Zum anderen gab es seit Erhards Wahl zum Bundeskanzler im Oktober 1963 die Sorge, dass Erhard Verteilungskämpfe hinfort nicht mehr entschieden genug unterbinden kann. Erhard hatte zwar betont, dass er sich in seinem neuen Amt als Bundeskanzler ebenso, wie er es als Bundesminister für Wirtschaft getan hat, um die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft kümmern und dabei auch eingetretene Fehlentwicklungen in der Sozialpolitik korrigieren werde. Er wolle beispielsweise eine Sozialenquête-Kommission berufen, „die die geltende Ordnung sozialer Sicherheit … in ihren charakteristischen Wesenszügen aus der Sicht der gegenwärtigen Verhältnisse kritisch beleuchtet und auf Möglichkeiten neuer Gestaltungen hin untersucht“.9Vgl. Beschluss der Bundesregierung über die Durchführung einer Sozialenquête vom 29. April 1964 sowie Hans Achinger/Walter Bogs/Helmut Meinhold/Ludwig Neundörfer/Wilfried Schreiber, Soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Bericht der Sozialenquête-Kommission, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966. Doch die Gründer des Wirtschaftsrates bezweifelten, ob sich mit wissenschaftlichen Gutachten drohende Verteilungskämpfe vermeiden lassen. Sie glaubten, dass Erhard in seinem Kampf um die Wahrung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft gestützt und gegebenenfalls auch zu entschlossenem Handeln ermuntert werden müsse. Und sie hatten gute Gründe für ihre Meinung, denn obzwar Erhard die Einkommensumverteilung 1957 als große Bedrohung der freiheitlichen Ordnung und als unvereinbar mit den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft bezeichnet und gesagt hatte, dass ihr „Todfehde angesagt werden sollte“,10Ludwig Erhard, Wohlstand für alle, Düsseldorf/Wien 1957, Seiten 262 f. hatte er sich im gleichen Jahr der Richtlinien-Entscheidung von Bundeskanzler Konrad Adenauer beugen müssen, der beschlossen hatte, dass angesichts der anstehenden Bundestagswahl eine große Rentenreform durchzuführen sei.11Nachdem Erhard seine Bedenken gegen diese Reform in seinem Buch “Wohlstand für alle” ausgiebig dargelegt hatte, hat Bundeskanzler Adenauer auf seine Richtlinienkompetenz verwiesen und Erhard damit gezwungen, die mit der Rentenreform verbundene Ausweitung der Umverteilung als einen Irrweg hinzunehmen, den zu gehen sich vorläufig nicht verhindern lässt.

Den Gründern des Wirtschaftsrates ging es also um ein sehr spezifisches Anliegen. Sie wollten die Fortführung und bereichsweise auch die Renovierung der Sozialen Marktwirtschaft in der Fassung sichern, die Erhard ursprünglich konzipiert hat und die von der CDU 1949 in den wirtschaftspolitischen Teil ihrer „Düsseldorfer Leitsätze“ übernommen worden war. An dieser Wende der CDU vom sozialistisch geprägten Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen, in denen Erhards Soziale Marktwirtschaft propagiert wurde, hatte einer der Gründer des Wirtschaftsrates, Franz Etzel, der von 1947 bis 1949 Vorsitzender des wirtschaftspolitischen Ausschusses der CDU der britischen Zone war, entscheidend mitgewirkt. In der Satzung des Wirtschaftsrates wird das Düsseldorfer Gebot aufgegriffen, „an der Verwirklichung und Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft mitzuarbeiten“.

Es ist also nicht zutreffend, wenn der 1963 gegründete Wirtschaftsrat als „Interessenverein der Großbankiers und Konzernbosse“ bezeichnet oder als Gremium „zur Durchsetzung der Interessen des Besitzbürgertums und der Großkapitalvertreter“ angesehen wird. Wer ernsthaft Erhards Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft vertreten wollte, konnte kein Wahrer von Verbandsinteressen sein, die Erhard unermüdlich bekämpft hat. Der Wirtschaftsrat kann – wie ein kritischer Gesellschaftstheoretiker richtig festgestellt hat – „in seiner Gründungsphase nicht als Organ einer bestimmten ökonomischen Gruppe des Monopolkapitals bezeichnet werden“.12Vgl. Jürgen Dittberner, Der Wirtschaftsrat der CDU e.V., in: Jürgen Dittberner/Rolf Ebbinghausen (Hg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise. Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973, Seite 203. Er sollte die Soziale Marktwirtschaft verteidigen, die Bereitschaft der Unternehmer zu echter sozialer Partnerschaft zeigen und damit einen Beitrag zur Sicherung des sozialen Friedens leisten. In der herrschenden Vollbeschäftigungssituation, in der viele Unternehmen verzweifelt Arbeitskräfte suchten, war der Beitrag der Sozialen Marktwirtschaft zur Steigerung der Löhne und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zwar jedem sichtbar. Nötig schien es jedoch, aufzuzeigen, dass Erhards Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft unterminiert wird, wenn die ersichtlich günstige Entwicklung zu „Wohlstand für alle“ und sozialer Zufriedenheit durch einen Kampf um soziale Besitzstände beschleunigt werden soll.

Alle Bundeskongresse, die Schmidt als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates organisiert hat,13Herbert B. Schmidt hat als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates zwischen 1965 und 1969 fünf dieser Bundeskongresse durchgeführt, die in der Regel als “Wirtschaftstage” bezeichnet wurden. und alle Publikationen, die er herausgab, zeigen, dass Schmidt während seiner Amtszeit konsequent an den Gründungsabsichten des Wirtschaftsrates festgehalten hat. Die programmatische Ausrichtung des Wirtschaftsrates und die Verpflichtung auf Erhards Überzeugung: „Gute Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik“, hat Schmidt im Motto des ersten Wirtschaftstages, 1965: „Eine gesunde Wirtschaft dient allen – heute und in Zukunft“, deutlich ausgedrückt. Und ebenso deutlich hat er sich beim letzten von ihm organisierten Wirtschaftstag, 1969, zu Erhards Kritik am „verwerflichen Opportunismus und verderblichen Konformismus“ bekannt, der sich – nach Erhards Ansicht – in der CDU seit der Bildung der großen Koalition immer weiter ausgebreitet habe. Schmidt stellte diesen Bundeskongress unter das Motto: „Die Freiheit erhalten! – Zur Zukunft unserer Wirtschaftsordnung.“

Grundsatztreue statt Opportunismus und Konformismus

Mit dem Rücktritt von Ludwig Erhard als Bundeskanzler und der Bildung der großen Koalition hatte sich die politische Situation in Deutschland grundlegend verändert. Die CDU hatte sich von Erhards Sozialer Marktwirtschaft – und das heißt: von ihrer in den Düsseldorfer Leitsätzen beschriebenen wirtschaftspolitischen Programmatik – getrennt.14Herbert B. Schmidt spricht heute davon, dass sich die CDU, die 1949 unter dem Einfluss von Ludwig Erhard und mit tatkräftiger Hilfe vor allem von Franz Etzel den Weg vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen gegangen ist, auf dem Rückweg “von Düsseldorf nach Ahlen” befinde. Sie hatte insbesondere das Hauptmerkmal dieser Politik, die Integration von Freiheit und selbstverantwortlich bestimmter sozialer Sicherheit, aufgegeben und sich stattdessen dem SPD-Konzept von korporativer und globaler Wirtschaftslenkung und staatlich organisierter sozialer Sicherheit zugewandt. Die Hauptbestandteile der neuen Politik waren zum einen die Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit auf den Bereich der Mikroökonomie und die zentrale Steuerung aller makroökonomisch bedeutsamen privaten und öffentlichen Investitionen, zum anderen die Abstimmung der wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele im Rahmen einer Konzertierten Aktion zwischen Bundesregierung, Gewerkschaften und den Spitzenverbänden der Wirtschaft.

Schmidts beharrliches Festhalten an den Zielen, die Anlass zur Gründung des Wirtschaftsrates waren – also Schmidts unverletzliche Grundsatztreue –, war entscheidend dafür, dass er 1970 von seiner Funktion als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates entbunden und sein Arbeitsgebiet auf die Redaktion der Zeitschrift „Zum Dialog“ eingeschränkt wurde.

Dass die neue Wirtschaftspolitik zu nicht vorhergesehenen, ungünstigen Entwicklungen führte und dass ihr Initiator, Karl Schiller, schon 1972 das Scheitern seiner Konzeption festgestellt hat und desillusioniert von seinem Amt als Bundesminister für Wirtschaft zurücktrat, wurde damals kaum vermerkt: Weder die CDU noch die SPD zogen Konsequenzen aus dem Fehlschlag von Globalsteuerung und Konzertierter Aktion. Sie sahen keine Alternative zur neuen Wirtschaftspolitik, die – so Erhard – Ziele verfolgt, die sich mit freiheitlicher Politik nicht vereinbaren lassen. Und ebenso unbeirrt wurde auch an der auf Einkommensumverteilung ausgerichteten Sozialpolitik festgehalten, mit der sich aus Erhards Sicht keine soziale Zufriedenheit schaffen lässt, sondern nur Anspruchsmentalitäten, Sozialneid und Verteilungskämpfe entstehen.

Dass es in der damaligen Situation schwer war, Erhards Position zu vertreten und eine Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft zu verlangen, zeigt nichts besser als das Bekenntnis der Freiburger Neo- und Ordoliberalen zum neuen Interventionismus. Selbst der Nestor der Freiburger Schule, Friedrich A. Lutz, führte 1967 aus: „Ohne Zweifel wäre es dem Neoliberalen lieber, es könnte ein automatischer Stabilisierungsmechanismus gefunden werden, der den ,Regenten‘ den Entschluss über das Wann und Wieviel des Einsatzes ihres konjunkturpolitischen Instrumentariums abnehmen würde… Da diese Erwartung jedoch vorläufig keine Aussicht auf Realisierung hat, muss anerkannt werden, dass Globalsteuerung durch Geld- und Budgetpolitik mit liberalen Prinzipien vereinbar ist, ja geradezu von ihnen gefordert wird.“15Friedrich A. Lutz, Die Stunde der Wahrheit: Für Konsequenz in der Wirtschaftspolitik. Ludwigsburg 1967, Seite 20.

Wie gesagt: Schmidt blieb bei seiner Ansicht, dass eine Revitalisierung der Erhard′schen Politik nötig sei. Möglicherweise stand er mit seiner Meinung 1970 im Wirtschaftsrat nicht völlig allein. Vermutlich stand neben Alphons Horten auch der Vorsitzende des Wirtschaftsrates, Klaus Heinrich Scheufelen, hinter ihm. Doch Scheufelen wurde ebenfalls 1970 abgelöst und durch Philipp von Bismarck ersetzt, dem der „Stil der Gladiatorenkämpfe“ missfiel, die der Wirtschaftsrat „inszeniere“, und der dafür sorgen wollte, dass die Gegensätze im Lager der Christdemokraten gesitteter ausgetragen werden.

Was bleibt?

Alles in allem scheint die oben zitierte Charakterisierung von Schmidt als „Erhards wirtschaftspolitisches Sprachrohr“ etwas euphemistisch: Schmidt hat Erhards Politik zwar entschieden vertreten. Aber er hat das als Außenseiter getan, und Erhards Meinung wurde – ob sie von Erhard selbst oder anderen, ob sie mit, ob ohne Sprachrohr kundgetan wurde – in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre nicht gehört.

So haben erst zwanzig Jahre später Schmidts praktischer Einsatz für die Erhard′sche Politik in Estland und der damit erzielte Erfolg wieder auf die Aktualität der Erhard′schen Politik aufmerksam gemacht. Schmidt hat damit gezeigt, dass die Prinzipien, auf denen Erhards Politik der Sozialen Marktwirtschaft aufgebaut ist, noch immer bedeutsam sind und Beachtung verdienen.

Übrigens: Wer sich für die Aktualität von Erhards Sozialer Marktwirtschaft interessiert, sollte nicht versäumen, die Schriften zu konspizieren, die Schmidt in den 1960er Jahren herausgebracht hat. Neben diversen Beiträgen in der von Dr. Schmidt herausgegebenen und redigierten Zeitschrift „Zum Dialog“ – unter anderem auch von Ludwig Erhard – verdient vor allem die Festschrift „Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft“ Beachtung, die Schmidt 1967 zum 65. Geburtstag von Franz Etzel initiiert hat.16Nachdem das Manuskript für diese Festschrift fertiggestellt war, hat Alfred Müller-Armack gebeten, neben Schmidt als Herausgeber der Etzel-Festschrift fungieren zu dürfen.In dieser Funktion hat er den Abdruck eines bis dahin kaum beachteten Beitrags zur Definition von Sozialer Marktwirtschaft durchsetzen können, der Erhards Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft widerspricht und die Position der CDA vertritt. Vgl. Alfred Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft. Erstabdruck in: Der Wirtschaftsspiegel. Wirtschaftspolitische Halbmonatsschrift, Dezember 1947, Wiederabdruck in der Etzel-Festschrift, Seiten 61 ff. Besonders interessant sind darin der Beitrag von Theodor Blank, der die programmatische Entwicklung der frühen CDU beschreibt, sowie die Beiträge von Goetz Briefs und Thomas Ruf zu „Grundfragen der sozialen Sicherung“.17Vgl. Theodor Blank, Vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen. Zur Dogmengeschichte der CDU, Goetz Briefs, Von der sozialen Phrase zur Wahrheit der Dinge, sowie Thomas Ruf, Einige Grundfragen der Sozialpolitik, alles in: Herbert B. Schmidt/Alfred Müller-Armack (Hg.), Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft. Festgabe für Franz Etzel, Stuttgart 1967.

Dr. Horst Friedrich Wünsche war von 1991 bis 2007 Geschäftsführer der Ludwig-Erhard-Stiftung.

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Fussnoten

  • 1
    Vgl. hierzu vor allem den ca. 1.200 Seiten umfassenden Band von Michael Richter, Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution, Föderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Göttingen 2004.
  • 2
    Vgl. Jasper von Altenbockum, Schmidt und die Revolution, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. September 2015 (und Seiten 29 ff. dieser Festgabe).
  • 3
    Herbert B. Schmidt, Die Fall-Methode (Case Study Method). Eine einführende Darstellung, Essen 1958. In dieser Broschüre, die während eines einjährigen postgraduierten Studiums in den USA entstanden ist, hat Schmidt die Methoden untersucht, mit denen sich “analytisch Durchdachtes in konkreten Situationen” überzeugend vermitteln lässt. Er hat dabei nicht nur die Substitution von Erklärungen durch plumpe Wortschöpfungen kritisiert, sondern auch die objektiven Möglichkeiten und die Grenzen politischer Überzeugungsarbeit untersucht und spezielle Probleme erörtert, die beim Versuch, Sachverhalte zu erläutern, in unterschiedlichen kulturellen Kontexten auftreten können.
  • 4
    Vgl. Otto Schlecht, Erfahrungen und Lehren aus dem jüngsten Konjunkturzyklus, Tübingen 1972, Seite 66.
  • 5
    Beispielsweise wurde die erste Auflage von Werner Sombarts “Der moderne Kapitalismus” (1902) etwa fünfzigmal von namhaften Autoren besprochen. Überdies hat diese Veröffentlichung rund zwanzig Monographien veranlasst. Die zweite Auflage, 1916 und 1927 erschienen, hat mehr als 110 Rezensionen und fast einhundert Monographien provoziert, die sich mit Sombarts Darstellung auseinandersetzen. Vgl. Bernhard vom Brocke (Hg.), Sombarts “Moderner Kapitalismus”: Materialien zur Kritik und Rezeption, München 1987, Seiten 456 ff.
  • 6
    Diese Charakterisierung wurde aus der Dokumentation des Wirtschaftsrates: “50 Jahre Wirtschaftsrat Deutschland”, Berlin 2013, Seite 18, übernommen.
  • 7
    Die Gründungsmitglieder des Wirtschaftsrates waren Konrad Adenauer jun., Alexander Elbrächter, Franz Etzel, Alphons Horten, Albrecht Pickert, Josef Rust, Klaus Heinrich Scheufelen und Kurt Schmücker. Ludwig Erhard war an der Gründung des Wirtschaftsrates nicht beteiligt. Er hatte sie jedoch ausdrücklich befürwortet.
  • 8
    Vgl. Soziale Ordnung. Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit, Band XVII/1963, Heft 8/9.
  • 9
    Vgl. Beschluss der Bundesregierung über die Durchführung einer Sozialenquête vom 29. April 1964 sowie Hans Achinger/Walter Bogs/Helmut Meinhold/Ludwig Neundörfer/Wilfried Schreiber, Soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Bericht der Sozialenquête-Kommission, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966.
  • 10
    Ludwig Erhard, Wohlstand für alle, Düsseldorf/Wien 1957, Seiten 262 f.
  • 11
    Nachdem Erhard seine Bedenken gegen diese Reform in seinem Buch “Wohlstand für alle” ausgiebig dargelegt hatte, hat Bundeskanzler Adenauer auf seine Richtlinienkompetenz verwiesen und Erhard damit gezwungen, die mit der Rentenreform verbundene Ausweitung der Umverteilung als einen Irrweg hinzunehmen, den zu gehen sich vorläufig nicht verhindern lässt.
  • 12
    Vgl. Jürgen Dittberner, Der Wirtschaftsrat der CDU e.V., in: Jürgen Dittberner/Rolf Ebbinghausen (Hg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise. Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973, Seite 203.
  • 13
    Herbert B. Schmidt hat als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates zwischen 1965 und 1969 fünf dieser Bundeskongresse durchgeführt, die in der Regel als “Wirtschaftstage” bezeichnet wurden.
  • 14
    Herbert B. Schmidt spricht heute davon, dass sich die CDU, die 1949 unter dem Einfluss von Ludwig Erhard und mit tatkräftiger Hilfe vor allem von Franz Etzel den Weg vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen gegangen ist, auf dem Rückweg “von Düsseldorf nach Ahlen” befinde.
  • 15
    Friedrich A. Lutz, Die Stunde der Wahrheit: Für Konsequenz in der Wirtschaftspolitik. Ludwigsburg 1967, Seite 20.
  • 16
    Nachdem das Manuskript für diese Festschrift fertiggestellt war, hat Alfred Müller-Armack gebeten, neben Schmidt als Herausgeber der Etzel-Festschrift fungieren zu dürfen.In dieser Funktion hat er den Abdruck eines bis dahin kaum beachteten Beitrags zur Definition von Sozialer Marktwirtschaft durchsetzen können, der Erhards Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft widerspricht und die Position der CDA vertritt. Vgl. Alfred Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft. Erstabdruck in: Der Wirtschaftsspiegel. Wirtschaftspolitische Halbmonatsschrift, Dezember 1947, Wiederabdruck in der Etzel-Festschrift, Seiten 61 ff.
  • 17
    Vgl. Theodor Blank, Vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen. Zur Dogmengeschichte der CDU, Goetz Briefs, Von der sozialen Phrase zur Wahrheit der Dinge, sowie Thomas Ruf, Einige Grundfragen der Sozialpolitik, alles in: Herbert B. Schmidt/Alfred Müller-Armack (Hg.), Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft. Festgabe für Franz Etzel, Stuttgart 1967.
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Fussnoten

  • 1
    Vgl. hierzu vor allem den ca. 1.200 Seiten umfassenden Band von Michael Richter, Die Bildung des Freistaates Sachsen. Friedliche Revolution, Föderalisierung, deutsche Einheit 1989/90, Göttingen 2004.
  • 2
    Vgl. Jasper von Altenbockum, Schmidt und die Revolution, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. September 2015 (und Seiten 29 ff. dieser Festgabe).
  • 3
    Herbert B. Schmidt, Die Fall-Methode (Case Study Method). Eine einführende Darstellung, Essen 1958. In dieser Broschüre, die während eines einjährigen postgraduierten Studiums in den USA entstanden ist, hat Schmidt die Methoden untersucht, mit denen sich “analytisch Durchdachtes in konkreten Situationen” überzeugend vermitteln lässt. Er hat dabei nicht nur die Substitution von Erklärungen durch plumpe Wortschöpfungen kritisiert, sondern auch die objektiven Möglichkeiten und die Grenzen politischer Überzeugungsarbeit untersucht und spezielle Probleme erörtert, die beim Versuch, Sachverhalte zu erläutern, in unterschiedlichen kulturellen Kontexten auftreten können.
  • 4
    Vgl. Otto Schlecht, Erfahrungen und Lehren aus dem jüngsten Konjunkturzyklus, Tübingen 1972, Seite 66.
  • 5
    Beispielsweise wurde die erste Auflage von Werner Sombarts “Der moderne Kapitalismus” (1902) etwa fünfzigmal von namhaften Autoren besprochen. Überdies hat diese Veröffentlichung rund zwanzig Monographien veranlasst. Die zweite Auflage, 1916 und 1927 erschienen, hat mehr als 110 Rezensionen und fast einhundert Monographien provoziert, die sich mit Sombarts Darstellung auseinandersetzen. Vgl. Bernhard vom Brocke (Hg.), Sombarts “Moderner Kapitalismus”: Materialien zur Kritik und Rezeption, München 1987, Seiten 456 ff.
  • 6
    Diese Charakterisierung wurde aus der Dokumentation des Wirtschaftsrates: “50 Jahre Wirtschaftsrat Deutschland”, Berlin 2013, Seite 18, übernommen.
  • 7
    Die Gründungsmitglieder des Wirtschaftsrates waren Konrad Adenauer jun., Alexander Elbrächter, Franz Etzel, Alphons Horten, Albrecht Pickert, Josef Rust, Klaus Heinrich Scheufelen und Kurt Schmücker. Ludwig Erhard war an der Gründung des Wirtschaftsrates nicht beteiligt. Er hatte sie jedoch ausdrücklich befürwortet.
  • 8
    Vgl. Soziale Ordnung. Christlich-Demokratische Blätter der Arbeit, Band XVII/1963, Heft 8/9.
  • 9
    Vgl. Beschluss der Bundesregierung über die Durchführung einer Sozialenquête vom 29. April 1964 sowie Hans Achinger/Walter Bogs/Helmut Meinhold/Ludwig Neundörfer/Wilfried Schreiber, Soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Bericht der Sozialenquête-Kommission, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966.
  • 10
    Ludwig Erhard, Wohlstand für alle, Düsseldorf/Wien 1957, Seiten 262 f.
  • 11
    Nachdem Erhard seine Bedenken gegen diese Reform in seinem Buch “Wohlstand für alle” ausgiebig dargelegt hatte, hat Bundeskanzler Adenauer auf seine Richtlinienkompetenz verwiesen und Erhard damit gezwungen, die mit der Rentenreform verbundene Ausweitung der Umverteilung als einen Irrweg hinzunehmen, den zu gehen sich vorläufig nicht verhindern lässt.
  • 12
    Vgl. Jürgen Dittberner, Der Wirtschaftsrat der CDU e.V., in: Jürgen Dittberner/Rolf Ebbinghausen (Hg.), Parteiensystem in der Legitimationskrise. Studien und Materialien zur Soziologie der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1973, Seite 203.
  • 13
    Herbert B. Schmidt hat als Bundesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates zwischen 1965 und 1969 fünf dieser Bundeskongresse durchgeführt, die in der Regel als “Wirtschaftstage” bezeichnet wurden.
  • 14
    Herbert B. Schmidt spricht heute davon, dass sich die CDU, die 1949 unter dem Einfluss von Ludwig Erhard und mit tatkräftiger Hilfe vor allem von Franz Etzel den Weg vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen gegangen ist, auf dem Rückweg “von Düsseldorf nach Ahlen” befinde.
  • 15
    Friedrich A. Lutz, Die Stunde der Wahrheit: Für Konsequenz in der Wirtschaftspolitik. Ludwigsburg 1967, Seite 20.
  • 16
    Nachdem das Manuskript für diese Festschrift fertiggestellt war, hat Alfred Müller-Armack gebeten, neben Schmidt als Herausgeber der Etzel-Festschrift fungieren zu dürfen.In dieser Funktion hat er den Abdruck eines bis dahin kaum beachteten Beitrags zur Definition von Sozialer Marktwirtschaft durchsetzen können, der Erhards Vorstellungen von Sozialer Marktwirtschaft widerspricht und die Position der CDA vertritt. Vgl. Alfred Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft. Erstabdruck in: Der Wirtschaftsspiegel. Wirtschaftspolitische Halbmonatsschrift, Dezember 1947, Wiederabdruck in der Etzel-Festschrift, Seiten 61 ff.
  • 17
    Vgl. Theodor Blank, Vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen. Zur Dogmengeschichte der CDU, Goetz Briefs, Von der sozialen Phrase zur Wahrheit der Dinge, sowie Thomas Ruf, Einige Grundfragen der Sozialpolitik, alles in: Herbert B. Schmidt/Alfred Müller-Armack (Hg.), Wirtschafts- und Finanzpolitik im Zeichen der Sozialen Marktwirtschaft. Festgabe für Franz Etzel, Stuttgart 1967.