Die derzeitige Zuwanderung erhöht das Arbeitskräfteangebot in Deutschland massiv. Durch den gesetzlichen Mindestlohn bleiben Hunderttausende von arbeitswilligen, aber gering qualifizierten Menschen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.

Seit gut einem Jahr gibt es in Deutschland eine von der Politik festgelegte Lohnuntergrenze, den gesetzlichen Mindestlohn. Er beträgt derzeit 8,50 Euro brutto je Stunde und wird nach Auslaufen aller branchenbezogenen Übergangsregelungen ab 1. Januar 2017 flächendeckend in ganz Deutschland gelten. Höchst wahrscheinlich wird dieser Mindestlohn zum 1. Januar 2017 angehoben, weil die im Gesetz vorgesehene Mindestlohnkommission spätestens bis zum 30. Juni einen Erhöhungsvorschlag unterbreiten wird, den die Bundesregierung dann per Rechtsverordnung verbindlich machen kann. Da 2017 gewählt wird, ist schwer vorstellbar, dass die Große Koalition Erhöhungsvorschlägen widersteht.

Dabei verkennen nicht einmal Befürworter des Mindestlohns, dass er als Eintrittsbarriere in den Arbeitsmarkt wirken kann. Das belegte schon die Gesetzesbegründung für die Ausnahmen vom Mindestlohn. Bei unter 18-Jährigen ohne Berufsabschluss gibt es etwa keine Mindestlohnverpflichtung, um zu vermeiden, dass sich junge Leute einen Job suchen, anstatt eine in aller Regel schlechter bezahlte Ausbildung zu beginnen. Ausgenommen sind auch Langzeitarbeitslose, die nach wenigstens 12-monatiger Arbeitslosigkeit einen neuen Job bekommen. Sie haben in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigungsaufnahme keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Damit sollen Arbeitgeber ermuntert werden, diesen Arbeitnehmern überhaupt eine neue Beschäftigungschance im ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen. Weil dieses Instrument im vergangenen Jahr von der Wirtschaft kaum genutzt wurde, dient es den Gewerkschaften und der politischen Linken als Argument gegen jede Mindestlohnausnahme.

Aussetzung des Mindestlohns wäre nötig

Doch das konjunkturelle Klima verschlechtert sich aufgrund der weltwirtschaftlichen Risiken. Vor allem aber ändert sich derzeit das Arbeitskräfteangebot in Deutschland massiv. Die gewaltige Zuwanderung – vulgo Flüchtlingskrise genannt – bringt Hunderttausende arbeitsfähige, aber schlecht qualifizierte junge Menschen ins Land, die weder die deutsche Sprache beherrschen noch mit den hiesigen kulturellen Gepflogenheiten vertraut sind. Aber auch der Arbeitsmarkt kennt einen durch Nachfrage und Angebot bestimmten Preis. Je mehr Geringqualifizierte Arbeit suchen, desto unwahrscheinlicher ist die Durchsetzung eines hohen Mindestlohns. Je weniger Facharbeitskräfte zu finden sind, desto höher sind die Lohnansprüche, die Arbeitnehmer durchsetzen können. Das sind die zwei Seiten der Arbeitsmarktmedaille. Auch da reagiert der Markt auf Knappheiten und auf Überangebote. Versucht jetzt die Politik, die Eintrittsbarrieren in den Arbeitsmarkt zu erhöhen – nicht nur durch den gesetzlichen Mindestlohn, sondern auch durch die von Arbeitsministerin Nahles geplante scharfe Regulierung der Zeitarbeit und der Werkverträge –, dann werden Hunderttausende von arbeitswilligen, aber gering qualifizierten Zuwanderern ebenso wie unzählige Langzeitarbeitslose auf der Strecke bleiben. Dann wird der Staat nicht nur viel Geld für Hartz-IV- und andere Sozialleistungen aufwenden müssen. Dann wird die Arbeitsministerin laufend neue Mittel beim Bundesfinanzminister einfordern, um mit staatlich subventionierten Beschäftigungsprogrammen den unvermeidlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu beschönigen.

Statt ein riesiges staatliches Beschäftigungsfass aufzumachen und die Sozialtransfers explodieren zu lassen, wäre eine befristete Aussetzung des Mindestlohns die richtige politische Antwort. Doch hier bekam die CDU-Führung schnell kalte Füße, als sie am vergangenen Montag im Vorstand entsprechende Vorschläge wieder kassierte. Schließlich will man sich nicht von der SPD, den Gewerkschaften und den eigenen Sozialausschüssen Lohndumping vorhalten lassen.

Illegale Beschäftigung wird steigen

Doch die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Viele Arbeitsagenturen in Deutschland, vor allem in den Regionen mit guter Beschäftigungslage, wo auch Geringqualifizierte händeringend gesucht werden, können bereits ein Lied davon singen, wie sich der ausnahmslose Mindestlohn für Flüchtlinge praktisch auswirkt. Viele junge Einwanderer nehmen lieber Mindestlohnjobs an, als eine Ausbildung zu machen. Wer eine Ausbildung begonnen hat, bricht sie nach wenigen Wochen oder Monaten ab, weil kein Geld nach Hause geschickt werden kann – um die Familie zu unterstützen oder die Schlepper-Kosten abzubezahlen. Das ist ein Fanal für die Zukunft, weil sich damit auch bei den ausbildungsfähigen Zuwanderern das schlechte Qualifikationsniveau verfestigt. Gesellschaftliche Integration sieht anders aus!

So sicher wie das Amen in der Kirche werden illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft explodieren, wenn so viele Arbeitswillige mit geringer Qualifikation in den Markt drängen. Da hilft kein gesetzlicher Mindestlohn, da helfen keine neuen Eintrittsbarrieren durch regulatorische Eingriffe der Bundearbeitsministerin. Die Realität sucht sich dann eben ihre Ausweichlösungen. Dass diese Lösungen sowohl für die Betroffenen unsozialer als auch für die gesamte Gesellschaft teurer sind, als wenn man sich vom starren gesetzlichen Mindestlohn verabschieden würde, können nur Ideologen leugnen.

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