Die Digitalisierung bietet viele Chancen zur effizienteren Nutzung von Ressourcen. Um unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen zu vermeiden, ist eine Anpassung bestehender Regelungen notwendig. Pauschale Verbote, wie etwa des Dienstes Uber Pop, mit dem das Unternehmen private Fahrer an Fahrgäste vermittelt, helfen dagegen nicht.

Das Teilen von Ressourcen ist nichts Neues: Mitfahr- und Mitwohnzentralen sowie Wohngemeinschaften sind dieser Idee schon gefolgt. Aber erst durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden technischen Möglichkeiten ist das rasante Wachstum der sogenannten Sharing Economy ausgelöst worden. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens reduziert das Internet die Suchkosten; Anbieter und Nachfrager beispielsweise einer kurzen Stadtfahrt oder einer einzelnen Übernachtung finden sich durch Online-Plattformen einfacher. Zweitens löst das Internet das Problem fehlenden Vertrauens zwischen ehemals weitgehend anonymen Anbietern und Nachfragern. Sowohl bei Uber als auch bei Airbnb oder ebay ist das gegenseitige Bewerten der Marktteilnehmer der zentrale Punkt für das Funktionieren der Plattformen.

Durch vermehrtes Teilen von Ressourcen im privaten Bereich ergeben sich jedoch wirtschaftspolitisch relevante Fragen, zum Beispiel: Werden hier soziale Standards und gesetzliche Regulierungen umgangen? Kommt es dadurch zu einem unfairen Wettbewerb zwischen privaten und gewerblichen Anbietern von Autofahrten und Übernachtungsmöglichkeiten, bei dem Letztere benachteiligt werden? Hebelt eine Umgehung von Regulierungen durch neue Anbieter sinnvolle Regelungen aus? Entstehen dadurch Nachteile für dann rechtlich weniger geschützte Verbraucher?

Angesichts dieser Fragen ist die Reaktion vieler Politiker auf die neue digitale Konkurrenz in Europa – auch im Interesse der etablierten Anbieter, die sich nur ungern diesem neuen Wettbewerb stellen – eher abwehrend. So lauten die Vorschläge: Google zerschlagen, Amazon regulieren, Uber und Airbnb verbieten. Diese Maßnahmen würden jedoch die potenziellen Probleme nicht lösen, aber volkswirtschaftlich sinnvolle Transaktionen unterbinden. Prinzipiell können sich durch das gemeinsame Nutzen von Ressourcen sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile ergeben.

Regulierung des Taximarktes ist nicht zeitgemäß

Gerade für die Verbraucher sind die potenziellen Vorteile durch die neuen Angebote groß, etwa im urbanen Personennahverkehr. Je einfacher und günstiger es ist, sich ein Auto mit anderen zu teilen oder sich fahren zu lassen statt selbst zu fahren, desto weniger ist es notwendig, selbst ein Auto zu besitzen. Während Taxifahren für viele eher ein Luxus ist, könnten niedrigere Preise von privaten Anbietern Leute dazu bewegen, das eigene Auto häufiger stehen zu lassen oder sogar ganz darauf zu verzichten.

Verhindert werden diese Entwicklungen durch die kaum noch zeitgemäße Regulierung des Taximarktes in Deutschland. So hat die Monopolkommission die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Ortskundeprüfung in Zeiten von Navigationsgeräten aufgeworfen. Auch die vielerorts vorhandene Begrenzung der Taxilizenzen ist heute nicht mehr sinnvoll. Früher war die Investition in ein Taxi relativ kostspielig und konnte durch die begrenzten Lizenzen abgesichert werden. Inzwischen ist die Anschaffung eines Pkw keine besonders riskante und kostspielige Investition mehr. Die Begrenzung der Taxilizenzen sorgt heute nur noch dafür, dass diese schwarz gehandelt werden, oftmals zu fünfstelligen Euro-Beträgen.

Für die Lizenzinhaber wirft das Taxigeschäft nach wie vor hohe Gewinne ab. Das liegt zum einen an den staatlich regulierten Festpreisen. Diente die Preisregulierung früher dem Schutz der Verbraucher, nutzt sie heute vor allem den Taxiunternehmen, weil der Preiswettbewerb unterbunden wird. Dabei könnten beispielsweise über Apps die Preise genauso einfach verglichen werden wie beim Friseur oder Pizza-Dienst. Ein etwaiger Verbraucherschutz durch Festpreise ist heute nicht mehr notwendig – wenn überhaupt, könnten Höchstpreise sinnvoll sein. Das Verbot, durch Rabatte oder Sonderangebote günstiger zu sein als andere Anbieter, ist hingegen sehr verbraucherunfreundlich. Die Monopolkommission hat daher vorgeschlagen, die bisherigen Preise zunächst für drei Jahre als Obergrenzen zu verwenden, von denen man nach unten abweichen darf, um nach drei Jahren die Preise ganz frei zu geben.

Zum anderen resultieren die Gewinne der Taxiunternehmen aus der relativ geringen Bezahlung der Taxifahrer. Taxifahren ist ein typischer Job für Studienabbrecher, Migranten und andere Quereinsteiger, da der Beruf keine Ausbildung und kaum Startkapital erfordert. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist daher intensiv und die Entlohnung gering, ganz unabhängig von der Digitalisierung. Auch vor der Digitalisierung haben Taxifahrer schlecht verdient – im Gegensatz zu Taxiunternehmen.

Vorteile durch mehr Wettbewerb im Taximarkt

Die weitgehend monopolistisch organisierten Taxizentralen haben die Digitalisierung fast verschlafen – bis neue Anbieter wie MyTaxi oder Uber in den Markt eingetreten sind. Diese Plattformen ermöglichen es den Fahrgästen nicht nur, direkt das nächste verfügbare Taxi mit der jeweiligen App zu bestellen. Sie ermöglichen es den Kunden auch, die Fahrer zu bewerten. Während die Fahrgäste üblicherweise in ein Taxi steigen, ohne etwas über die Manieren und den Fahrstil des Taxifahrers zu wissen, können die Bewertungen ehemaliger Fahrgäste hierüber Aufschluss geben und zugleich disziplinierend auf die Fahrer wirken. Dasselbe gilt umgekehrt für die Fahrgäste, die etwa bei Uber von den Fahrern bewertet werden. Gäste mit schlechtem Benehmen oder Zechpreller haben es da schwer. Zudem erhöht die Registrierung von Fahrern und Fahrgästen die Sicherheit für beide.

Die klassischen Taxis würden bei einer Marktöffnung nicht unbedingt verschwinden. Viele Kunden – insbesondere ältere – haben eingefahrene Gewohnheiten, die sich nicht so schnell ändern. Anderen mag unwohl dabei sein, wenn per Handy die Fahrtroute erfasst und gegebenenfalls überwacht werden kann. Auch sie werden eher beim traditionellen Taxi und der Barzahlung bleiben. Zudem bleiben durch Taxistände und Taxispuren Vorteile für Taxis bestehen.

Welche Regulierung ist notwendig?

Der Staat ist gefordert, die Sinnhaftigkeit bestehender Regelungen zu überprüfen. Im Bereich der Personenbeförderung ist dies jedoch komplett gescheitert. Daher ist es zu begrüßen, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung bestehender Regelungen an die Anforderungen der digitalen Welt und die veränderten Mobilitätsbedürfnisse der Verbraucher angekündigt hat.

Ein Mindestmaß an Regulierung ist durchaus notwendig: Zu denken ist an Anforderungen sowohl an die eingesetzten Pkw als auch an die Fahrer, etwa hinsichtlich des gesundheitlichen Zustands, Vorstrafen und Punkten in der Verkehrssünderdatei. Auch über Versicherungspflichten sollte nachgedacht werden, sobald ein gewisses Ausmaß an Personenbeförderungen erreicht wird. Ein pauschales Verbot jedoch, das letztlich vor allem den Verbrauchern schadet und den Taxifahrern selbst kaum hilft – wohl aber den traditionellen Taxiunternehmen –, ist die denkbar schlechteste Antwort auf die Digitalisierung.

Professor Dr. Justus Haucap ist Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie (Düsseldorf Institute for Competition Economics, DICE).

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